Was Verlage leisten
Positionspapier
Rechtliche Absicherung verlegerischer Leistungen
Die Position der Verlage in der analogen und digitalen Welt
1.
Grundverständnis
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Verlage bilden einen wichtigen und verlässlichen Grundpfeiler für die freie Äußerung von Meinungen, Positionen und Ideen, für die Vermittlung von Wissen und Hintergründen, für breitgefächerte, vielfältige Unterhaltungsangebote. Sie sind ein Garant für Pluralität und gesellschaftspolitische Entwicklungen demokratischer, offener Gesellschaften.
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Die eigenen verlegerischen Leistungen der Verlage sind nicht mit den urheberrechtlichen Leistungen der Kreativen identisch. Vielmehr handelt es sich um gesamthafte technische Strukturen und Herstellungsprozesse sowie um multidimensionale Kommunikations- und Vertriebsstrukturen, aber auch um Lenkung und Rahmengebung für den kreativen Prozess durch Ideengebung, Lektorierung, Motivation, Vorfinanzierung und Begleitung des kreativen Prozesses: Erst durch dieses komplexe Zusammenwirken können urheberrechtlich geschützte Werke überhaupt entstehen und schließlich so konfiguriert werden, dass maximale Erfolge und Reichweiten in den vielfältigen Angebotsformen der Gegenwart und Zukunft erreicht werden können.
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Durch digitale Entwicklungen entstehen für Verlage veränderte und ganz neue Aufgabenfelder. Viele Verlage haben sich in den letzten Jahren zu Medienunternehmen gewandelt, die ihre Inhalte in neuen Angebotsformaten und über andere Vertriebskanäle verbreiten. Aktuelle Themen, wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz, Blockchain Technologien und ganz generell das Web 3.0 mit seinen dezentralen Strukturen, spielen auch für Verlage eine immer wichtigere Rolle für die künftige Ausrichtung ihrer Geschäftsmodelle.
2.
Was Verlage leisten
Der unternehmerische Zweck eines Verlages besteht darin, mit Publikationen (Büchern, eBooks, Lesungen, audiovisuellen und interaktiven Angeboten, SocialMedia-Auftritten usw.) wirtschaftlich erfolgreiche Angebote im Markt der Leserinnen und Leser zu platzieren. Um diese Angebote erarbeiten, produzieren, verbreiten und verkaufen zu können, verfügen Verlage über eine bestehende, verlässliche und belastbare Infrastruktur. Dazu zählen nicht nur wirtschaftliche Güter, sondern auch das Personal vom Lektorat, über die Herstellung bis zu Marketing und Vertrieb, aber ebenso Buchhaltung und unterschiedliche Servicebereiche. Gerade für IT und digitale Dienstleistungen haben viele Verlage in den letzten Jahren hohe Investitionen in Technik und durch die Einstellung entsprechend qualifizierter Spezialisten vorgenommen.
Der Aufbau dieser Infrastruktur ist mit finanziellen Verpflichtungen und Investitionen verbunden. Finanzielle Verpflichtungen geht ein Verlag i.d.R. auch bei Abschluss eines Verlagsvertrages mit den Urheberinnen und Urhebern, mit Autorinnen und Autoren ein. Diese Verpflichtungen basieren nicht nur auf einer möglichen Vereinbarung von Vorschusshonoraren, sondern auch auf dem „Versprechen“ des Verlages an die Urheberinnen und Urheber, aus einem Manuskript ein Werk zu entwickeln, das so erfolgreich wie möglich verbreitet werden kann.
Die Infrastruktur eines Verlages, sein finanzielles Potential und die zu treffenden Investitionen sind grundsätzlich erforderlich und notwendig, bevor mit einer Autorin, einem Autor ein entsprechender Vertrag abgeschlossen werden kann. Obwohl Verlage diese hohen Vorleistungen erbringen, basieren ihre Einnahmen rechtlich bisher allein auf dem abgeschlossenen Autorenvertrag. Dabei wird übersehen, dass ohne die Existenz und Investitionen des vertragschließenden Verlages und dessen Infrastruktur das Manuskript der Autorin, des Autors gar nicht zu dem am Ende veröffentlichten Werk weiterentwickelt worden wäre. Die eine Leistung greift in die andere Leistung und baut aufeinander auf, wenn sich Autor und Verlag auf eine gemeinsame Reise begeben. Um die dynamischen Chancen digitaler Möglichkeiten zu nutzen, steigt das Innovationspotential für Verlage, zugleich geht auch dieses nicht ohne vorherige Investitionen. Das sind nur einige der Herausforderungen für die verlegerische Zukunft.
3.
Weshalb ein Verlegerrecht notwendig ist
Leider haben zahlreiche Gerichtsurteile in den letzten Jahren diese spezifischen Leistungen der Verlage rechtlich für nicht relevant erklärt. Dafür gibt es vor allem einen Grund:
Weder die Urheberrechtsrichtlinie der EU, die InfoSoc-Richtlinie[1] noch das deutsche Urheberrechtsgesetz ordnen laut Europäischen Gerichtshof (EuGH – „Reprobel“)[2] und in seiner Folge der Bundesgerichtshof (BGH – „Vogel ./. Beck“)[3] den Leistungen der Verlage eine eigene Rechtsposition zu. Als Folge dieses Desiderats wurden z.B. gesetzliche Vergütungsansprüche allein den Urheberinnen und Urhebern zugeschrieben.
Während die Leistungen von Tonträgerherstellern, Sendeunternehmen, Filmproduzenten, Datenbankherstellern, oder Presseverlegern auf europäischer Ebene und auch im deutschen Urheberrecht weitgehend geschützt sind, werden allein Begriffe wie „Verleger“ oder „Verlag“ in den entsprechenden Gesetzestexten und deren Begründungen nur in äußerst wenigen Formulierungen und dann auch nur im Zusammenhang mit Rechteeinräumungen durch Urheber verwendet.[4]
Zur Ermöglichung der Beteiligung der Verleger an gesetzlichen Vergütungsansprüchen der Urheberinnen und Urheber sehen die DSM-Richtlinie[5] und deren Umsetzung in das deutsche Urheberrecht[6] die sog. Beteiligungslösung vor. Art. 16 der DSM-Richtlinie formuliert das als offene „Kann-Bestimmung“, das bedeutet die Umsetzung in nationales Recht ist nicht zwingend nötig: Mitgliedstaaten können „bei hinreichender Rechtsgrundlage“ den Verlag an gesetzlichen Vergütungsansprüchen des Autors beteiligen.[7] Der deutsche Gesetzgeber hat Art 16 DSM-RL mit Hilfe des neuen § 63a UrhG umgesetzt, wonach der „Verleger an der angemessenen Vergütung, die der Urheber für die gesetzlich erlaubte Nutzung des Werks in Bezug auf das eingeräumte Recht erhält, angemessen zu beteiligen“ ist. Der Gesetzgeber ordnet Verlage somit als wirtschaftliche Anhängsel der Autorinnen und Autoren ein. Die Rolle und das Potential von Verlagen ist dem Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung einen einzigen lapidaren Satz wert, der den Begriff des „zentralen Beitrags“ führt, den Verlage „zur Verbreitung und wirtschaftlichen Verwertung der Werke der Urheber leisten“. Obgleich der Gesetzestext in § 63a UrhG von der „angemessenen Vergütung“ der Verlage an den „angemessenen Vergütungen“ der Autorinnen und Autoren spricht, hat der Gesetzgeber zugleich über das Verwertungsgesellschaftsrecht (VGG) in einer eigenen Formulierung die „Angemessenheit“ der verlegerischen Beteiligung mit höchstens 33,33% gesetzlich fixiert.[8]
Es verwundert daher nicht, dass auch bekannte Rechtswissenschaftler in ihren Stellungnahmen zum Gesetzesvorschlag des BMJV im Hinblick auf die Beteiligungslösung zu sehr niederschmetternden Einschätzungen gelangten: „Eine Korrektur von ‚Reprobel‘ ist auszuschließen. Korrigieren hätte man die Entscheidung nur können, wenn man die InfoSoc-Richtlinie dahingehend geändert hätte, dass originäre Inhaber des Vervielfältigungsrechts auch Verleger sein können. Art. 16 DSM-RL rührt daran jedoch nicht. Er führt weder ein neues Leistungsschutzrecht ein noch modifiziert er das bisherige Vervielfältigungsrecht der Urheber“.[9]
Die Beteiligungslösung ist sowohl in ihrer konkreten Umsetzung als auch in der Absicherung verlegerischer Leistungen nicht nur schwach, sie ist unzulänglich und rechtswissenschaftlich angreifbar. Die Beteiligungslösung verhilft Verlagen auch in keiner Weise zu einer Klärung ihrer Rechtspositionen für künftige Innovationen und Investitionen. Dieses kann nur durch ein eigenes Leistungsschutzrecht für Verlage, dem Verlegerrecht, erfolgen.
Ohnehin kann die Beteiligungslösung keine sichere Rechtsstellung von Verlagen in Bezug auf Vergütungsansprüche, Plattformlizenzierungen und Rechtstreitigkeiten und vor allem künftige Entwicklungen wie den Einsatz von KI erreichen. Ähnliche Diskussionen zeichneten sich auch im Umfeld des neuen Urheberdienstanbietergesetzes (UrhDaG) ab, die darum kreisen, in Folge eines fehlenden eigenen Rechts Verlage von Vergütungsansprüchen auszuschließen und diese allein den Urheberinnen und Urhebern zuzubilligen.[10]
4.
Verlage und Autoren – Verlegerrecht und Urheberrecht
Der finanzielle und rechtliche Anspruch von Verlagen sollte sich nicht aus der bloßen Beteiligung an dem von einer Autorin, einem Autor verfassten Manuskript ableiten, sondern aus dem Leistungsspektrum, das ein Verlag zur Umsetzung urheberrechtlicher Beiträge selbst und aus sich heraus zur Verfügung stellt und bereithält. Diese Leistungen stehen – wie oben erwähnt – völlig vergleichbar zu denen der Filmhersteller oder Tonträgerhersteller.[11] Bei der Schaffung eines Verlegerrechts geht es daher vor allem um die dauerhafte, zukunftsfähige rechtliche Absicherung dieser eigenständigen verlegerischen Leistungen und der ihr zustehenden, angemessenen Vergütung. Das Verlegerrecht schwächt daher nicht die Autorinnen und Autoren bzw. alle Urheber geschützter Werke, sondern stellt die Verlage wie die Inhaber anderer Leistungsschutzrechte auf eine eigene Rechtsposition und stärkt damit das Verhältnis von Autoren und Verlagen – auch, indem ihre Rechtspositionen geordnet werden.
Das Verlegerrecht kommt damit den Hinweisen des BGH im bereits erwähnten Verfahren Vogel ./. Beck nach, weil es die Grundlage für eine angemessene Beteiligung der Verlage an gesetzlichen Vergütungsansprüchen bildet. „Verleger sind nicht Inhaber eines Leistungsschutzrechts“, heißt es in der Urteilsbegründung. Genau dieses Desiderat wird durch das Verlegerrecht beseitigt. [12]
5.
Plattformen, Geschäftsmodelle und Rechtsdurchsetzung
Der digitale Wandel und die gravierenden, aber auch chancenreichen Änderungen der Medienwelt lassen neue Verbreitungsmöglichkeiten entstehen. Es bieten sich vielfältige neue Möglichkeiten Inhalte in der Breite und der Tiefe miteinander zu vernetzen, neue, auch aktuelle Bezüge herzustellen und bisher nur in größeren Einheiten (Buch) vorhandene Verlagsinhalte in Teilen und sogar kleinen Teilen massenweise anzubieten oder in Kombination mit Inhalten von anderen Verlagen und von anderen Urhebern in neuen Kombinationen zusammenzustellen. Ohne ein originäres Recht der Verleger – ein Verlegerrecht – sind entsprechende Lizenzierungen, deren Überwachung und Abrechnung von Verlagsinhalten mit Plattformangeboten nicht möglich. Denn bei derartigen Angeboten wird der einzelne Beitrag eines Urhebers erst durch die spezifischen digitalen Herstellungsprozesse der Verlage in die Lage gebracht, in Plattformangebote und weitere künftige Angebotsformen eingebunden zu werden. Diese verlegerischen Leistungen lassen sich aus dem Urheberrecht, das die kreativen Tätigkeiten der Urheber schützt, nicht ableiten.
Zugleich ist zu erleben, dass gewisse Plattformangebote zum Leidwesen der Autorinnen und Autoren deren Rechte missachten und damit verletzen, so dass ihnen die angemessene Vergütung entgeht. Zu Recht erwarten sie in diesen Situationen, dass ihre Verlage gegen solche Verletzungen der Urheberrechte vorgehen und Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Bei Verletzungen durch große Plattformen müssen Verlage oft in höchst mühevollen Vorgängen jeden einzelnen Vertragsschluss nachweisen und die für jeden Einzelfall lückenlose Rechtekette unangreifbar dokumentieren. Mit einem Verlegerrecht wird es Verlagen unmittelbar möglich, eigene Rechtsverletzungen geltend zu machen und mit diesen verbunden die Rechtsverletzungen gegenüber ihren Autorinnen und Autoren und allen anderen Urhebern geschützter Werke durchzusetzen.
Das Verlegerrecht bildet somit im digitalen Zeitalter überhaupt erst die Basis, Inhalte für Plattformangebote massenhaft zu lizenzieren und abzurechen. Zugleich sichert es bei Rechtsverletzungen entsprechende Durchsetzungen von Ansprüchen ab. Gelingt das nicht, droht die Entwertung der über die Plattformen ausgewerteten Inhalte. Das führt dazu, dass eine angemessene finanzielle Beteiligung von Verlegern und vor allem auch der Autorinnen und Autoren an der Verbreitung von Plattformangeboten künftig nicht sichergestellt werden kann.
Hinzukommen ganz neue Anforderungen aus der Einbindung von KI-gestützten Verlagsprozessen. Hier werden in größeren Zusammenhängen und als Basis für einzelne Medienformate inhaltliche Bestandteile entstehen, die nicht mehr auf der Grundlage persönlicher urheberrechtlicher Leistungen beruhen. Für diese Inhaltsbestandteile liegt die gesamte, auch inhaltliche Verantwortung allein beim Verlag. Nur durch ein eigenes Verlegerrecht können daher für alle Marktteilnehmer rechtlich abgesicherte Rahmenbedingungen entstehen.
Unsere Positionen – weshalb ein Verlegerrecht konsequent umgesetzt werden muss:
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Die eigenständigen verlegerischen Leistung erfordern eigenständige Rechtsposition.
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Die von den höchsten Gerichten (BGH und EuGH) aufgezeigte Lücke „(d)en Verlegern stehen nach dem Urheberrechtsgesetz keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu …“[13], wird nachhaltig und dogmatisch unangreifbar beseitigt.
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Die Innovationsfähigkeit und Investitionssicherheit für Verlage muss abgesichert werden, was auch für die Vorfinanzierung der Kreativen essenziell ist.
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Digitale Dynamiken werden die verlegerischen Leistungen weiter tiefgreifend verändern. Diese Prozesse benötigen unabhängig von urheberrechtlichen Schöpfungen einen verlässlichen Rechtsrahmen.
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Durch ein Verlegerrecht wird eine vergleichbare Rechtsposition wie die der Tonträgerhersteller, Filmhersteller & Co. geschaffen.
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Eigene Rechtspositionen für Verlage ermöglichen ein schlagkräftigeres und rascheres Vorgehen gegen massenhafte, unrechtmäßige Nutzungen, v.a. bei digitalen Angeboten, durch die Durchsetzung von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen.
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Ein Verlegerrecht wird zur Befriedung innerhalb der VG WORT beitragen, indem mit der GVL vergleichbare Strukturen aufgebaut werden. Die Mitgliedschaft der Verlage kann nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt werden.
Wir wissen, dass es auf dem Weg zu einem Verlegerrecht einige Herausforderungen gibt:
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Generelle gesellschaftliche Tendenz, den Schutz urheberrechtlicher Positionen einzuschränken. Die Forderung wird daher nicht auf ungeteiltes Verständnis oder gar Zustimmung stoßen. Dem gilt es jedoch erst recht mit einer Aktion zur Visibilität und Anerkennung verlegerischer Leistungen entgegen zu wirken;
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Mögliche Ängste der Autoren sowie überhaupt aller Urheber, Verlage könnten ihnen etwas wegnehmen. Richtig ist jedoch, dass die Anteile der Verlage lediglich auf eine eigenständige Grundlage gestellt werden, was damit dazu beiträgt, die Interessen der Autorinnen und Autoren umfassend zu schützen.
Der Moment ist daher gekommen, auch für Buchverlage angesichts ihrer unverzichtbaren und eigenständigen verlegerischen Leistungen auf eine eigene Rechtsposition hinzuwirken.
- [1] InfoSoc-Richtlinie: RICHTLINIE 2001/29/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft
- [2] Rechtssache C‑572/13 (Hewlett-Packard Belgium SPRL gegen Reprobel SCRL) vom 12.11.2015; EuGH 4. Kammer, Vorabentscheidung des EuGH auf Vorlage eines belgischen Gerichts: Auslegung der Urheberrechtsrichtlinie hinsichtlich des Begriffs „gerechter Ausgleich“ für den Rechtsinhaber; Gerätevergütung auf Multifunktionsdrucker
- [3] BGH AZ I ZR 198/13 vom 21.04.2016 (Verteilungsplan einer Verwertungsgesellschaft: Pauschaler Anteil des Verlegers an der Verteilungssumme – Verlegeranteil)
- [4] Der Begriff „Verleger“ kommt nun erstmals im UrhG in Zusammenhang mit dem neu geschaffenen §63a, Ziff. 2 UrhG (s. Fußnote 5) im Zusammenhang mit gesetzlichen Vergütungsansprüchen vor. Demnach ist ein Verleger dann allein über eine Verwertungsgesellschaft zu beteiligen, wenn ein Urheber dem Verleger „ein Recht an seinem Werk eingeräumt“ hat. Damit bleiben seitens des Gesetzgebers nach wie vor eigene, durch den Verlag erbrachte Leistungen nicht nur nicht erwähnt, sondern auch ungeregelt.
- [5] DSM Richtlinie: RICHTLINIE (EU) 2019/790 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG
- [6] UrhG in der Fassung vom 26.11.2020
- [7] Art. 16 Absatz 1 der DSM-Richtlinie lautet: „Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass für den Fall, dass ein Urheber einem Verleger ein Recht übertragen oder ihm eine Lizenz erteilt hat, diese Übertragung oder Lizenzierung eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Anspruch des Verlegers auf einen Anteil am Ausgleich für die jeweilige Nutzung des Werkes im Rahmen einer Ausnahme oder Beschränkung für das übertragene oder lizenzierte Recht darstellt.“ (DSM-Richtline))
- [8] Weder im „Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts vom 15.01.2020“, noch in anderen Ausführungen des Gesetzgebers wird für diesen Verteilungsschlüssel eine sachgemäße Begründung gegeben. Stattdessen wird im genannten Diskussionsentwurf des BMJV erklärt: „Das Wort ‚mindestens‘ stellt klar, dass Verwertungsgesellschaften zugunsten der Urheber auch einen Anteil festlegen können, der zwei Drittel übersteigt.
- [9] Vgl. Karl-Nikolaus Peifer: Anpassungsbedarf durch die neue Urheberrechtsrichtlinie, in: GRUR 2020, 14 – Ziff.22); in ähnlicher Weise argumentiert auch Gernot Schulze: Stellungnahme zum Diskussionsentwurf zur Verlegerbeteiligung am 04.02.2020, veröffentlicht durch das BMJV
- [10] Zur Umsetzung von Art. 17 der RICHTLINIE (EU) 2019/790 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (nachfolgend „DSM-Richtline“) in deutsches Recht wurde in Bezug auf Plattform-Uploads ein eigenes Gesetz geschaffen, das außerhalb des UrhG steht. Darin ist u.a. geregelt, dass bei der Nutzung kleiner Ausschnitte aus einem Werk unter bestimmten Voraussetzungen keine Genehmigungen einzuholen sind und nur dem Urheber dafür eine angemessene Vergütung zu zahlen ist. Vgl. Gesetz über die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten (Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz – UrhDaG), §§ 10 Geringfügige Nutzungen.
- [11] In ihrem rechtswissenschaftlichen Gutachten hat Prof. Eva Inés Obergfell (Humboldt Universität Berlin) u.a. diese Gleichstellung der Verlage im Katalog der Leistungsschutzrecht von Film- und Tonträgerhersteller deutlich herausgearbeitet. Sie sieht die Notwendigkeit eines Verlegerrechts wissenschaftlich als essentiell an; siehe dazu GRUR 2019, 992.
- [12] Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde für den Börsenverein im Rahmen der TaskForce „Verlegerrecht“ erarbeitet und liegt vor.
- [13] BGH, Urteil vom 21. April 2016 Az. I ZR 198/13 – Vogel, Rn. 39